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Ray Bradbury

Fahrenheit 451

  • Autor:Ray Bradbury
  • Titel: Fahrenheit 451
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Heyne
  • Datum:12 Juli 2010
  • Preis:12,00 EUR

 
»Fahrenheit 451« von Ray Bradbury


Besprochen von:
 
pelaphina
Deine Wertung:
(5)

 
 
Guy Montag mag sein Leben als Feuerwehrmann und das Verbrennen von Bücherbeständen, wenngleich er eine trostlose Ehe führt: Seine Frau lebt nur noch für ihre „Familie“, den Fernseher an ihren drei Zimmerwänden. Die Eheleute wissen kaum mehr, wie sie sich kennenlernten.
Alles ändert sich, als Guy ein Schulmädchen trifft, das ganz anders ist als die Menschen um ihn herum. Während ihre Klassenkameraden mit mörderischer Geschwindigkeit in Autos durch die Straße fahren und sich gegenseitig umbringen, wandert Clarisse durch die Natur, betrachtet den Mond und fragt nach dem Warum. Sie ist die erste Person seit langem, die sich wirklich für Guy interessiert, die wissen möchte, ob er glücklich ist. Die Bekanntschaft rüttelt etwas wach in ihm. Guy rettet ein Buch vor der Zerstörung und beginnt die Lektüre, auf der Suche nach Antworten. In einem Anfall von Zorn über deren Beschränktheit liest Guy seinen Nachbarn Gedichte vor, nicht ahnend, dass diese ihn denunzieren werden. Zu seinem Unglück hat sein Chef bei der Feuerwehr bereits ein Auge auf seine kriminellen Tendenzen geworfen.


Meinung
Der Titel „Fahrenheit 451“ leitet sich von der Temperatur ab, bei der Buchpapier sich entzündet. Dieser Klassiker von Ray Bradbury basiert auf der Kurzgeschichte „The Fire Man“, welche in dieser Sonderausgabe von Heyne ebenfalls enthalten ist. In Bradburys dystopischer Welt ist der größte Teil der Literatur verboten und als irreal und gefährlich verpönt. Die meisten Menschen wissen kaum, was in Büchern steht, wollen es auch nicht wissen. So bräuchte es im Grunde genommen nicht einmal eine Bücher verbrennende Feuerwehr, um die Menschen von Büchern fernzuhalten. Die Bevölkerung kontrolliert sich selbst durch Denunziation und versinkt lieber in einem rauschhaften Leben. Statt sich mit wichtigen Fragen zu beschäftigen und der eigenen Realität von Krieg und weltweiter Armut ins Auge zu blicken, lebt die Bevölkerung ein Leben der Betäubung vor dem Fernsehen in den eigenen vier Wänden, Sport und Gewalttätigkeit. Wegen dem „schnellen Krieg“ will man sich keine Sorgen machen, unbeschwerte Zufriedenheit ist alles, was zählt. Und den Menschen wird eingetrichtert, dass Bücher das einfache Glück zerstören:

„Seelenruhe, Montag. Beschäftige die Menschen mit Gewinnspielen, wer am meisten Schlagertexte kennt oder Hauptstädte aufzählen kann und dergleichen. Stopfe ihnen den Kopf voll nüchterner Tatsachen, bis sie sich zwar überladen, aber doch 'umfassend informiert' vorkommen. Dann glauben sie, denkende Menschen zu sein und vom Fleck zu kommen, ohne sich im Geringsten zu bewegen. Und sie sind glücklich, weil diese Tatsachen keinem Wandel unterworfen sind. Es wäre falsch, ihnen so glitschiges Zeug wie Philosophie oder Soziologie zu vermitteln, um Zusammenhänge herzustellen. Das führt nur zu seelischem Unglück.“ (S.75)

Bradbury hat nicht nur die ultimative Verteidigungsschrift der Literatur verfasst. Bücher sind für den Menschen nicht einfach Quelle der Unterhaltung – eine leere Art der Unterhaltung bietet im Roman das Fernsehen, das abstrakte Szenen zeigt, die keine Geschichte erzählen und nichts zu sagen haben. Die Menschen, die sich von diesen bunten Bildern berieseln lassen und der absurden Glücksdoktrin huldigen, sind unsympathische Gestalten, die weder Mitleid noch Interesse für ihre Mitmenschen aufbringen können.

Bei „Fahrenheit 451“ geht es um Meinungsfreiheit, kritisches Denken und die Frage, was Glück bedeutet. Als Leser folgt man dem Protagonisten in seiner ergreifenden Suche nach dem unbestimmten Etwas, das ihm im Leben fehlt. Es ist erstaunlich, wie viel Bradbury in seine Geschichte eingewoben hat: Die Entwicklung seines Feuerwehrmanns vom Zerstörer zum Bewahrer von Buchkultur ist nur eine Facette. Und so dicht der Inhalt des Romans ist, so stilistisch hervorragend ist er auch.

Der Erzähler ist nicht allwissend, sondern schildert nur, was sich unmittelbar ereignet. So wird dem Leser nach und nach klar, in welch perfider Welt Herr Montag lebt und wie schrecklich eine Welt ohne Bücher, ohne Geschichten wäre. Sehr bald kann man sich dem Sog der Ereignisse nicht mehr entziehen. So schrecklich und unangenehm die Vision einer buchlosen verrohten Welt auch ist, lässt Bradbury am Ende doch ein Stück Hoffnung am Horizont aufstrahlen und hat mich eher nachdenklich und beeindruckt als verzweifelt zurückgelassen. In diesem Roman steckt so viel, was politisch für unsere Zeit und vermutlich auch für die Zukunft relevant ist, dass man dieses Buch gar nicht genug empfehlen kann.


Fazit
Zu Recht zählt „Fahrenheit 451“ zu den Klassikern der Weltliteratur. Denn Bradbury hat einen Roman geschrieben, der radikal, fesselnd und poetisch ist und elementare Themen des Menschseins behandelt.
 


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