E. C. Tubb
Die Sterngeborenen
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»Die Sterngeborenen« von E. C. Tubb
Ein Raumschiff in den Weiten des Alls, seit über 300 Jahren auf dem Weg von der Erde zum Pollux System, besetzt mit rund 5000 Kolonisten, der Name des Raumschiffs ist in Vergessenheit geraten, es wird nur noch „das Schiff“ genannt. Die Lebenserwartung der Menschen an Bord beträgt 40 Jahre; ist man älter, wird für ein schnelles Ableben gesorgt. Dies übernehmen die Bordpolizisten, Psycho-Polizisten genannt.
Einer dieser Polizisten ist Jay West. Eines Tages bekommt er von seinem Vorgesetzten den Auftrag seinen Schwiegervater „in spe“ zu töten. Aber nicht weil George Curtway das tödliche Alter erreicht hat, sondern vielmehr, weil Curtway einem Geheimnis auf die Spur gekommen ist das einigen der Mächtigen an Bord zum Verhängnis werden könnte. Jay schlägt sich auf die Seite von George und versucht mit ihm zusammen das Geheimnis aufzudecken. Es beginnt eine wilde Jagd auf sie, die nur ein Ziel hat – beide zu töten.
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E. C. Tubb. Wer kennt nicht seinen Namen? Einer der großen, alten des SF Genres.
Wie oft ist mir dieser Name bei der Suche nach SF Büchern schon über den Weg gelaufen.
Und dennoch habe ich bis dato noch kein einziges Werk von ihm gelesen. Bekannt geworden ist Tubb durch seine Earl Dumarest Reihe, dem galaktischen Sucher und Wanderer.
Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine Neuübersetzung seines Buches The space–born . Der Übersetzer Dirk van den Boom hat meines Erachtens einen guten Job gemacht. Das Buch liest sich recht flüssig und auf irgendwelche Wortakrobatik wird verzichtet. Hier muss man aber auch anmerken, dass der Übersetzer relativ leichtes Spiel hatte. Der Roman selber ist völlig untechnisch und unwissenschaftlich geschrieben. Eine schöne Erzählung, die relativ anspruchslos, aber dennoch unterhaltsam, geschrieben ist. Keine ellenlange Seitenschinderei, wie man es von vielen heutzutage erscheinenden Bücher leider schon fast gewohnt ist.
Tubb bringt seine Geschichte stringent und schnörkellos zu Papier. Für die Geschichte ist das zwar sehr gut, aber leider leiden dadurch auch ein bischen die Charakterzeichnungen der Hauptakteure. Jay West, George und Susan Curtway, Captain Quentin oder auch der Widersacher von Jay, Polizist Merrill, sind doch recht eindimensional. Sie leben im Hier und Jetzt, über ihre Vergangenheit und Leben an Bord, erfährt man fast überhaupt nichts. Vielleicht war das auch der Grund, warum ich als Leser nicht wirklich mit den Personen mitleiden und –leben konnte. Für ein Buch, das sich fast gar nicht auf Technik und „das drum herum“ konzentriert, sondern fast ausschließlich auf die handelnden Personen ist das dann etwas wenig. Dennoch hebt es sich wohltuend von dem Hightech-Einerlei der neue(re)n Autoren ab. Ich wage mal zu behaupten, dass man nach den ersten Seiten auf Anhieb erkennen kann das dieses Buch aus den 50er Jahren stammt und nicht neueren Datums ist.
Die Hauptthematik des Buch ist die Frage wieweit die Möglichkeiten zur Bevölkerungskontrolle gehen können / dürfen. Darum dreht sich alles. Die Akteure gehen damit unterschiedlich um. Manche nehmen es hin, andere versuchen ihr Schicksal zu ändern. Die Tötung der Menschen mit dem Erreichen des 40sten Lebensjahres ist eine Art der Kontrolle. Tubb führt die Möglichkeiten im Verlauf der Story jedoch konsequent weiter und treibt es auf die Spitze. Frauen werden mit Erreichen ihres 26 Lebensjahres zwangssterilisiert, unwertes Leben ausgelöscht, Zwistigkeiten oftmals in einer Art Arena ausgetragen in der nicht selten der Unterlegene getötet wird. Für schwache Menschen oder Menschen mit Gendefekten ist einfach kein Platz an Bord. Und das passiert Woche für Woche, Monat für Monat – seit über 300 Jahren. Man wird fast ein wenig an die Zeit des Nationalsozialsmus erinnert wo in Lebensbornen genetisch reine Menschen herangezüchtet werden sollten.
Ist man als Leser am Anfang noch über solche Ungeheuerlichkeiten betroffen , wird man mit der Zeit jedoch eines Besseren belehrt. Es wird schnell klar, dass es an Bord des Schiffs einfach nicht anders gehen kann. In diesem geschlossenen System gibt es nur eine bestimmte Anzahl von Ressourcen und Plätze die zur Verfügung stehen. Mehr als 5000 Menschen, so fern diese nicht in Kälteschlaftanks liegen, kann das Schiff nicht ernähren. Hinzu kommt das am Ende der Reise immerhin ein neuer Planet kolonisiert werden soll und dafür nur die Stärksten und Fähigsten der Kolonisten zur Verfügung stehen dürfen. Frei nach dem Motto –Klasse statt Masse-. Für Jemanden der nicht betroffen ist, ist das eine simple Gleichung. Das sich diese Ansicht jedoch ändert wenn man auf die 40 zuschreitet ist ebenso selbstverständlich. Wer würde nicht die Möglichkeit zur Manipulation des Schiffscomputer ergreifen um weiterleben zu dürfen?
Was mir etwas negativ aufstößt ist das Ende des Buches. Da, wo es interessant zu werden scheint, die Revolution gegen die Machthaber kurz bevorsteht, wird die Geschichte quasi abgewürgt. Die Spannungskurve, die sich langsam aber sicher aufzubauen schien, fällt mit einem Schlag wieder völlig in sich zusammen. Das was bisher geschehen ist wird mehr oder weniger bedeutungslos, die ganze Aufdeckung der Verschwörung versandet im Nichts. Das ist eigentlich sehr schade denn dies hätte eigentlich der Höhepunkt der Geschichte sein sollen. Da, wo es wirklich interessant wird, ist im wahrsten Sinne des Wortes das Ende der Reise erreicht.
Dennoch ist der vorliegende Roman ein schöner Happen für Zwischendurch. Wer einfach mal etwas Erholung vom alltäglichen SF Einerlei braucht, ist mit dem Buch von E. C. Tubb gut bedient. Nicht tiefsinnig oder an den Säulen der Erkenntnis rüttelnd sondern einfach nur eine unkomplizierte und den Flair der 50er Jahre schön wiedergebende Geschichte. Dazu noch ausgestattet mit einem mehr als gelungenem Cover von Timo Kümmel. Schön das im Atlantis Verlag für 2012 ein weiteres Buch von E. C. Tubb, Die Stadt ohne Wiederkehr , erscheinen wird.