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T.H. White

Der König auf Camelot

  • Autor:T.H. White
  • Titel: Der König auf Camelot
  • Serie:
  • Genre:Fantasy
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Klett-Cotta
  • Datum:19 März 2016
  • Preis:15,00 EUR

 
»Der König auf Camelot« von T.H. White


Besprochen von:
 
NannyOgg
Deine Wertung:
(4)

 
 
Der junge Arthur, von allen nur Wart – „Warze“ – genannt, lebt zusammen mit dem 2 Jahre älteren Kay auf der Burg von Sir Ector, seinem Vormund. Wart weiß nicht, wer seine Eltern sind und leidet darunter, dass er sie nicht kennt. Wenn Kay über seinen Vater Sir Ector redet, fühlt Wart sich zurückgewiesen und elend. Trotzdem genießt er seine Zeit auf der Burg. Er und Kay werden zusammen ausgebildet und sie verstehen sich gut. Kay ist zwar schwierig, stolz und hochmütig, aber der gutmütige Wart sieht über die Fehler hinweg, sodass sie großartige Tage mit Fechten, Lanzentraining oder der Jagd verbringen.

Eines Tages gerät Wart tief in den Wald und verirrt sich dort. Auf der Suche nach einem Weg zurück trifft er auf Merlin, den Zauberer. Merlin, der die Zukunft kennt, da er rückwärts durch die Zeit lebt, begleitet Wart zur Burg und übernimmt dort dessen Ausbildung. Dazu gehören aber keineswegs langweilige Unterrichtsstunden, sondern Stunden voller Magie, in denen Merlin Wart in einen Fisch, einen Vogel, eine Ameise oder einen Dachs verwandelt, damit dieser die Welt der Tiere kennenlernt. Er lässt ihn bei Ritterduellen zugucken und Abenteuer bestehen.

Sechs Jahre später wird Kay zum Ritter geschlagen und bricht zusammen mit Wart als seinem Knappen und Sir Ector nach London auf, um an einem großen Ritterturnier teilzunehmen. In London, heißt es, gibt es ein Schwert, das in einem Amboss auf einem Stein steckt. Wer dieses Schwert aus dem Stein ziehen kann, wird neuer König von England – denn König Uther ist vor kurzem gestorben und hat keine bekannten Erben hinterlassen. Wart entdeckt das Schwert durch Zufall und ohne zu ahnen, was es damit auf sich hat, zieht er es aus dem Stein heraus. Damit wird Wart zu König Arthur, König von England.

Das Leben als König ist jedoch alles andere als leicht. Wart, der jetzt nur noch König Arthur genannt wird, muss viel lernen und viele Kriege führen, bis seine Herrschaft anerkannt wird. Zusammen mit Merlin und Kay an seiner Seite führt er seine Leute in erfolgreiche Schlachten und gründet die berühmten Ritter der Tafelrunde. Sein berühmtester Ritter und bester Freund wird Sir Lanzelot. Unglücklicherweise verliebt sich Lanzelot in Ginevra, Arthurs Frau und Königin von England. Die geheime Beziehung zwischen den beiden wird dem Königreich zum Verhängnis.

Auch sonst meint es das Schicksal nicht immer gut mit dem König, der erkennen muss, dass Intrigen und Verrat zum Leben am Hof dazugehören, auch auf Camelot.
Die Ritter der Tafelrunde beginnen sich zu langweilen, sich aufzulösen und zu zerstreuen. Viele Könige und Adlige weigern sich, Arthur als König anzuerkennen und führen Krieg gegen ihn. Derweil schmiedet sein unehelicher Sohn Mordred seine ganz eigene Pläne, das Königreich zu Fall zu bringen.

Kommentar:
„Der König von Camelot“ von T. H. White enthält die Geschichte von König Arthur – oder Artus, wie er auch genannt wird – von dem Moment an, als er noch ein Junge war und Merlin das erste Mal begegnet, bis zu dem Moment, wo sein Königreich in Scherben liegt und er als alter Mann auf sein Leben zurückblickt. Es enthält die berühmte Szene, wie Arthur Excalibur aus dem Stein zieht, die Gründung der Ritter der Tafelrunde und die tragische Liebesgeschichte zwischen Lanzelot und Ginevra. Das Buch ist sicherlich eine der bekanntesten Artussagen. Der Disney-Film „Die Hexe und der Zauberer“ z. B. baut auf dem ersten Buch auf, das von den Jugendjahren des Königs berichtet.

Die Sprache ist altmodisch – die Bücher wurden zwischen 1936 und 1942 geschrieben – und es wurden einige Begriffe aus der Welt der Ritter genannt, die ich nicht kannte. Aber diese Sprache macht auch den Charme der Bücher aus. Allerdings erzählt T. H. White oftmals sehr ausschweifend und langatmig, einige Seiten habe ich überblättert, weil mir die Auflistung all der Dinge zu viel wurde. Im ersten Teil beschreibt er z. B. seitenweise all die Sachen, die sich in Merlins Cottage befinden, von Büchern über die einzelnen ausgestopften Tiere bis hin zu den Kräutern. Später sind es vor allem Beschreibungen der Burgen, des Mittelalters oder längere Abhandlungen über das Leben, die Liebe und vor allem über den Krieg. Besonders im vierten Band wird öfters die Frage aufgeworfen, warum Menschen nicht dazulernen und immer wieder neue Kriege anfangen. Das ist sicherlich der Zeit geschuldet, in der White gelebt hat, hat er seine Bücher doch kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs geschrieben. Dementsprechend düster sind seine Gedankengänge zu dem Thema.

Der Autor orientiert sich stark an dem Werk „Le Morte d’Arthur“ von Sir Thomas Malory (der im Buch auch kurz als Page auftaucht), das dieser im 15. Jahrhundert geschrieben hat. Malory wird oft erwähnt, teilweise zitiert und mehrmals verweist White auf Malory, statt den Teil der Geschichte selbst zu erzählen. So wird das Kennenlernen von Arthur und Ginevra sowie deren Hochzeit nur rückblickend kurz erwähnt, ebenso die Suche nach dem Heiligen Gral oder einige der Schlachten. Teilweise schreibt White, bei Interesse möge man das bei Malory nachlesen. Das fand ich manchmal etwas störend, da ich das Gefühl hatte, dass da etwas in dem Buch fehlt. Auf der anderen Seite nehmen Nebenhandlungen sehr viel, manchmal zu viel, Raum ein. Es werden auch einige Male Jahre übersprungen, sodass die Handlung einmal sechs, einmal 15 Jahre später wieder einsetzt. Durch seine Schreibweise hatte ich an einigen Stellen das Gefühl, dass ich eine Abhandlung oder einen Aufsatz lese und keinen belletristischen Roman.

Irritierend war der Unterschied in der Sprache und Handlung zwischen dem ersten und den letzten drei Bänden. Das erste Buch ist respektlos und witzig, wenn z. B. der spätere König Arthur als Junge „Warze“ genannt wird und das Leben in vollen Zügen genießt, während die restlichen Bücher grausam, traurig, düster und schwermütig sind. Die Geschichte des ersten Bandes mit Merlin ist voller Magie und schrägem Humor. Arthur wird in verschiedene Tiere verwandelt, um das Leben aus einer anderen Perspektive kennenzulernen, oder trifft auf Robin Hood, um mit ihm ein Abenteuer zu bestehen. Abgesehen von der Sprache, die es heutigen Jugendlichen eventuell schwer machen könnte, in das Buch einzutauchen, ist es ein Buch für Jungen und Mädchen, die von Magie, Ritterduellen, Unterricht in Fechten, Lanzentraining, Jagdfalken und sorglosen Abenteuern im Wald träumen. Es gibt Riesen und Drachen, Ungeheuer und Zauberer, edle Ritter und schurkische Bösewichte. T. H. White erklärt in diesem Band viele Dinge, indem er sie in Beziehung zu den Begriffen seiner Zeit setzt. Er bietet Vergleiche an, damit der Leser versteht, was gemeint ist, aber auch, wie sich das Leben im Mittelalter unterscheidet: ein Geräusch wirkt so einschläfernd wie das Surren eines Rasenmähers, in die Kirche ging man damals gern. Auf diese Weise spricht der Autor die Leser auch indirekt an. Die Erlebnisse von Arthur mit den Tieren wurden verwendet, um der Menschheit einen Spiegel vorzuhalten. Es gibt die Ameisen, die nur an ihre Pflicht denken und die Wörter Freiheit oder Glück nicht kennen, auf der anderen Seite gibt es die Wildgänse, die keine Grenzen kennen und frei sind.

Merlin ist kein ehrfurchtsvoller Zauberer, sondern zerstreut, verschroben, liebenswert; so wie man sich einen Zauberer vorstellt mit Gewand, spitzem Hut, Brille und weißem Bart. Er besitzt eine sprechende Eule und lebt in der Zeit rückwärtsgewandt, sodass er schon weiß, was in der Zukunft passiert.

Arthur dagegen ist liebenswert, edel, gütig und hat keinerlei böse Gedanken in sich. Das zieht sich auch durch die komplette Geschichte hindurch. Selbst gegenüber der Beziehung von Lanzelot und Ginevra verliert er kein Wort, zeigt keine Eifersucht und akzeptiert es, dass sein bester Freund seine Frau liebt. Er wird in dem Buch auf einen Sockel gestellt und ist der einzige, der eigentlich ohne schlechte Charaktereigenschaften ist. Das hindert ihn allerdings nicht daran, im Alter gebrochen und besiegt auf sein zerfallendes Königreich zu blicken. Sein Charakter, so gut er auch sein mag, führt ihn schließlich auch ins Verderben.

Ab dem zweiten Buch ändert sich die Sprache. Arthur ist jetzt erwachsen und König und muss sich mit Kämpfen, Intrigen und der Welt im Allgemeinen auseinandersetzen, die alles andere als schön und friedlich ist. Magie gibt es kaum noch und wenn, dann in Form böser Ungeheuer oder mächtiger Hexen. Arthur kämpft für eine gerechte Welt, in der nicht mehr die Macht des Stärkeren gilt. Aber jedes Mal, wenn er glaubt, das erreicht zu haben, zerfällt alles vor seinen Augen. Die vielgerühmten Ritter der Tafelrunde verkommen im Laufe der Bücher zu einem blutrünstigen und modisch-eitlen Haufen, da es kaum noch Unrecht gibt, gegen das sie kämpfen können.

Die Bücher handeln auch nicht mehr allein von Arthur, sondern haben jedes einen eigenen Schwerpunkt. Band drei behandelt z. B. fast ausschließlich das Leben von Lanzelot und dessen unglücklicher Beziehung zu Ginevra. Die Fröhlichkeit und Unbeschwertheit des ersten Bandes ist nicht mehr zu erkennen, es erinnert eher an eine der griechischen Tragödien, die keinen guten Ausgang haben. Auch die Zielgruppe für die Bücher scheint sich gewandelt zu haben, es wird ein erwachsenes Publikum angesprochen. Wer erwartet, dass die gesamte Geschichte vergleichbar mit der Handlung im ersten Band ist, wird enttäuscht sein. Leser, die mit der Leichtigkeit des ersten Bandes dagegen nichts anfangen können, sollten durchhalten, da sich das anschließend ändert.

Konsequenterweise gibt es kein Happy End. Die Geschichte ist nicht wirklich abgeschlossen und es bleiben einige Fragen offen. Der Leser bleibt nachdenklich und vielleicht auch ein bisschen traurig oder ratlos zurück. Allerdings muss man dazu sagen, dass T. H. White seine Geschichte in fünf Teilen geschrieben hat, auch wenn der fünfte Teil erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde. „Das Buch Merlin“ erzählt das Ende der Geschichte. Dieser Band ist zwar nicht in dem Buch „Der König auf Camelot“ enthalten, ist aber auch von Klett Cotta veröffentlicht worden.

Fazit:
„Der König auf Camelot“ erzählt die Geschichte von König Arthur in einem witzigen ersten Band und drei eher düsteren Folgebänden sowie die Geschichte der unglücklichen Liebe zwischen Lanzelot und Ginevra. Da die Sprache altmodisch, die Geschichte melancholisch und die Handlung streckenweise sehr ausschweifend ist, gefällt das Buch vielleicht nicht jedem. Wenn man sich darauf einlässt, kann man jedoch in eine schöne Variante der Artussage eintauchen.
 


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