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Susanne Gerdom

Æthermagie

  • Autor:Susanne Gerdom
  • Titel: Æthermagie
  • Serie:
  • Genre:Fantasy
  • Einband:Hardcover
  • Verlag:Ueberreuter, C
  • Datum:19 September 2012
  • Preis:16,95 EUR

 
»Æthermagie« von Susanne Gerdom


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(3.5)

 
 
Das Mädchen Katharina „Kato“ von Mayenburg hat eine wundervolle Gabe – oder ein düsteres Geheimnis, je nachdem von welchem Standpunkt aus man die Geschichte betrachtet. Kato ist eine von nur wenigen Menschen die fähig sind, die Wesen des Aethers nicht nur zu sehen, sondern auch mit ihnen zu kommunizieren. Was sie von diesen Wesen erfährt, ändert ihr Weltbild zusehends. Die Aetherwesen, auch Elementare genannt, müssen den Aether für die Regierung produzieren, damit die Menschen diesen in ihrem Krieg gegen die Archonten, eine Art Engel-Rasse, einsetzen können. Als Lohn und Dank dafür leben die Elementare in Knechtschaft. Die Menschen, die mit den Elementaren in Verbindung treten können, wie Kato selbst oder ihr Vater, werden entweder unter Drogen gehalten oder in Irrenanstalten eingewiesen. So will die Regierung verhindern, dass ihre verbrecherischen Machenschaften ans Licht kommen.

Parallel dazu gibt es jedoch auch eine Geheimgesellschaft, den Zeitlosen Orden, der den Krieg mit den Archonten unbedingt beenden möchte und statt dessen auf Verständigung und gegenseitigen Respekt mit dem offiziellen Gegner setzt. Ein Mitglied dieses Ordens ist die hohe Geheimdienstbeamtin Katalin „Katja“ Nagy. Diese bekommt von ihrer kaiserlichen Majestät den Auftrag, gewisse Ereignisse in der Irrenanstalt Brünnlfeld möglichst unbemerkt zu untersuchen. Sie schleust ihren Untergebenen undercover dort ein und erfährt furchtbare Dinge. So wie es ausschaut, versucht die Anstaltsleitung die Menschen, die mit den Elementaren kommunizieren können, unter zu Hilfenahme von Gewalt und Medikamenten, für die Kriegszwecke der Regierung zu rekrutieren.

Als man an höherer Stelle die Fähigkeiten von Kato bemerkt, wird auch sie in Brünnlfeld eingewiesen. Dort muss sie sich entscheiden, ob sie, um ihr Leben zu retten, die Elementare verrät oder ob sie sich der Anstaltsleitung widersetzen soll – mit allen Konsequenzen die sich daraus ergeben. Aber auch Katja muss um ihr Leben fürchten. Nachdem es in der Regierung zu einer Art Palastrevolution kommt, wir ihr Doppelspiel durchschaut und Katja soll exekutiert werden. Für beide ist die Kanalisation, in der das Hauptquartier des Ordens untergebracht ist, die letzte Hoffnung.

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Es sind eine Menge wunderbarer und phantastischer Wesen und Menschen die Susanne Gerdom ihren Lesern in dem Buch Aethermagie vorstellt. Eine der vielleicht schillernsten Figuren ist der Zeit und Raum manipulierende Professor Tiez, der in einer Bibliothek lebt und in der die Räume und Gänge ein gewisses Eigenleben an den Tag zu legen pflegen. Auch seine beiden Gehilfen, oder besser gesagt Gäste, die Brüder Milan, die so unterschiedlich wie nur irgendetwas sind und in einem kuriosen Gefährt, dem Aetheroskaph, durch die Wirrungen der Zeitverschlingungen schippern, fügen sich wunderbar ins Gesamtbild ein.

Die Atmosphäre des kaiserlich-königlichen Wiens, der Lokalkolorit, die Sprache – alles wunderbar getroffen und ohne Frage absolut passend für die Geschichte umgesetzt und in sie eingewoben. Man schließt die Augen und fühlt sich sofort in die Welt des Buches versetzt. Die Recherchearbeit von Frau Gerdom muss enorm gewesen sein und hat sich in dieser Hinsicht wirklich gelohnt. Aber dennoch, trotz allem, ist der Funke nicht so wirklich bei mir übergesprungen, hat mir irgendetwas gefehlt.

Der Anfang war recht schleppend, der Handlungsbogen um Kato wollte für mich nie so richtig in die Gänge kommen. Das Buch gewinnt erst dann an Fahrt, wenn Kato nach Brünnlfeld überwiesen wird. Das hat mir persönlich einfach zu lange gedauert. Auch die Geschehnisse um Katya, Grünwald und Jewgenij konnten mich nicht wirklich überzeugen. Zu lange blieb unklar auf was das alles herauslaufen soll. Die ganze Aktion mit der Einlieferung Jewgenijs war von Seiten Katjas her, einfach nur schlecht geplant und durchdacht. Allein dem Umstand das Grünwald sich Jewgenijs angenommen hat ist es zu verdanken, dass dieser, wenn auch ziemlich malträtiert, aus der Sache heil herausgekommen ist.

Außerdem hatte ich mir den phantastischen Anteil am Buch wesentlich höher vorgestellt. Mal abgesehen von kleinen Wesen die in Lampen sitzen und für Licht sorgen, kam da nicht besonders viel zur Geltung. Gut, es gibt dieses „Anderswo“ in dem die Elementare zu Hause sind und in das Kato eintauchen kann, aber auch das ist wieder alles recht oberflächlich beschrieben. Von den Archonten hat man als Leser zumindest noch die Bekanntschaft von Belpharion machen dürfen - ebenfalls wieder alles relativ nebulös. Was denn nun genau der dem Buch namengebende Aether ist, kann ich immer noch nicht wirklich nachvollziehen. Auch nähere Einzelheiten zu dem Krieg Österreichs mit den Archonten wären für mich wünschenswert gewesen. Die Rolle des Ordens, die Herkunft und die unheimlichen Fähigkeiten von Tiez, alles wird zwar irgendwie angerissen, aber für mich nie wirklich erklärt. Möglicherweise hat sich Frau Gerdom das aber auch für den Folgeband aufbewahrt.

Um jedoch mal wieder zum Positiven zurückzukehren muss ich sagen, dass mir die Charakterisierung der Protagonisten gut gefallen hat. Katja und Kato waren überzeugend geschildert. Durch die lange Vorstellung der beiden hat die Handlung zwar an Fahrt verloren, die beiden Frauen jedoch an Profil gewonnen. Auch die zahlreichen Nebenfiguren, wie etwa Tiez, die Milan Brüder, Jewgenij oder auch Katos Eltern, sind recht schillernd ausgearbeitet.

Der Schreibstil von Frau Gerdom sagt mir zu. Er ist unkompliziert und schön zu lesen, mit viel Phantasie und jeder Menge atmosphärischer Dichte unterlegt. Man fühlt sich beizeiten wirklich in die damalige Zeit zurück versetzt. Das schafft auch nicht jeder Autor. Das Reich unter der Erde, in der Kanalisation, sprüht geradezu über vor Einfallsreichtum.

Die Grundstimmung des Buches ist für mich hingegen ehr düster. Ein Krieg tobt, schreckliche Experimente werden von der Regierung unterstützt und die persönliche Freiheit des Einzelnen ist nicht gegeben, das Reich ist zerrissen und droht unterzugehen. Es wären also die besten Zutaten für eine lupenreine Dystopie gegeben – wenn da nicht ein Funken Hoffnung im Hintergrund aufblühen würde. Denn zumindest eine der beiden Kriegsparteien, die Archonten, wartet nur darauf den Konflikt endlich beenden zu können. Sollte es dann zu einer Verständigung der beiden Kontrahenten kommen und diese zusammen den Aether (was auch immer das ist) und das Reich der Elementare für sich erschließen können, liegt eine strahlende Zukunft in nicht allzu weiter Ferne.

Da die Autorin relativ zurückhaltend bei der Schilderung technischer Details ist, würde ich das Buch daher genremäßig auch nicht in den Bereich Steampunk einordnen. Wer so etwas lesen möchte, sollte dann lieber auf die Bücher von George Mann, Tim Akers oder Mark Hodder zurückgreifen. Alles in allem hat mich der vorliegende Band zwar nicht hundertprozentig überzeugen können (aber welches Buch kann das schon), aber er ist mit so viel Detailverliebtheit und Charme geschrieben worden, dass er doch durchaus Spaß macht. Wer allerdings wissen möchte wie die Geschichte ausgeht, wird sich noch den Nachfolgeband Aethersturm zulegen müssen.
 


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